Bericht in der Tagespresse zum Orgelprojekt. Und gestern bekam die neue Orgel zum ersten Mal Strom und Wind. Es erwacht.
Orgelbaumeister Axel Thomaß baut derzeit die restaurierte Orgel der Stadtkirche Camburg zusammen.
Große Pfeifen: Orgel der Camburger Stadtkirche im Wiederaufbau
Camburg. „Wir liegen im Plan“, sagte Orgelbaumeister Axel Thomaß aus Finsterwalde. Am Sonntag, 10. Juni, wird in der Stadtkirche St. Trinitatis in Camburg die neu gebaute Orgel von Winfried Bönig, Erster Organist am Hohen Dom zu Köln, eingeweiht. Bis zum 16. Juni folgen tägliche Veranstaltungen im Rahmen der Orgelweihe-Festwoche.
Für das Orgelbau-Team, das seit 5. März vor Ort ist, zählt nur der 10. Juni. „Natürlich haben wir uns im Vorfeld auch einen Zeitplan erstellt. Den 10. Juni müssen wir aber unbedingt halten, komme, was wolle. Auf diesen Tag ist alles abgestimmt. Davor haben sich schon Organisten angekündigt, um sich auf der Orgel einzuspielen. Bis jetzt sieht es gut aus. Wir haben auch noch einen kleinen Puffer. In der nächsten Woche bekommen wir noch personelle Verstärkung“, sagte Thomaß.
Seit Dienstagnachmittag liegen die ersten 1000 von mehr als 2700 Pfeifen für die neue Orgel auf den Sitzbänken auf der Empore. 2212 Pfeifen sind alt, etwa 500 neu gebaut. Viele der alten Pfeifen wurden restauriert oder teilrestauriert.
Pfarrer Michael Greßler, verantwortlich für das Pfarramt Camburg-Leislau, hatte keine Probleme, in kürzester Zeit über 20 Helfer für den Transport der Pfeifen vom Anhänger vor der Kirche in die Empore zu begeistern. Knapp 90 Minuten dauerte die Aktion. Orgelbauer Thomaß erklärte, an welche Stelle der Kirche die jeweiligen Pfeifen abgelegt werden sollten. „Das ist wichtig für den Einbau. Deshalb sind die Pfeifen auch nach Klangfarben sortiert worden“, sagte Thomaß.
„Wenn der Orgelbauer die Pfeifen in die Hand nimmt und sie nacheinander einsetzt, ist das ein gutes Zeichen. Ich sage immer, die Pfeifen sind die Seele der Orgel“, sagt Michael Greßler. Die kleinste Holz-Pfeife ist acht Zentimeter lang und wiegt nicht mehr als 30 Gramm. Die längste Pfeife misst 4,40 Meter und wiegt gut und gern 15 Kilogramm. „Das sind schon die größeren Pfeifen. Wir planen noch zwei weitere Pfeifen-Transporte. Das werden aber dann zumeist kleinere Pfeifen sein“, sagte Thomaß.
Anfang Mai wird Pfarrer Greßler wieder einen Orgelbrief für die Camburger Bürger verfassen. „Das ist ein wichtiges Instrument, um die Menschen zu erreichen.“ 612 Mitglieder zählt die Camburger Kirchgemeinde. Sie ist damit mit Abstand die zahlenmäßig größte. Insgesamt zählt das Pfarramt mit seinen 18 Kirchgemeinden in 34 Orten über 1500 Mitglieder.
Natürlich, und da macht der Pfarrer keinen Hehl, hofft er mit dem Versenden der Briefe noch einmal auf Spenden. Die Kosten für die Sanierung der Orgel belaufen sich auf 427 000 Euro.
„Die Camburger lieben ihre Orgel. Anders sind die bisherigen Spenden in Höhe von 345 000 Euro nicht zu erklären“, sagte der Pfarrer. Die Finanzierung ist gesichert, auch dank der Kirchgemeinde in Leislau. Es geht um eine Summe von 15 000 Euro. „Wenn wir das Geld irgendwie noch zusammen bekommen könnten, wäre das sehr gut. Wir haben bei den Leislauern einen Kredit aufgenommen über die 15 000 Euro. Die Kirchgemeinde Leislau ist im Moment finanziell gut aufgestellt. Da hilft man sich gern untereinander. Natürlich ist dieser Kredit ein zinsloser.“
Handgestricktes für 12000 Euro verkauft
Was Engagement auslösen kann, das beweisen seit gut sechs Jahren die „Orgel-Strickfrauen“ aus Camburg und Umgebung. Mittlerweile haben sie durch den Verkauf ihrer Strickerzeugnisse allein 12 000 Euro beigesteuert.
Die Auftragsbücher von Axel Thomaß sind gut gefüllt. Die nächste Orgel wartet schon. Dazu geht es für die Orgelbauer nach Walldorf. Als Pfarrer Greßler den Ort Walldorfhörte, schlug sein Herz gleich schneller. „In Walldorf bin ich aufgewachsen. Dort habe ich im Kinderchor mitgesungen. Die alte Kirche ist vor einigen Jahren abgebrannt“, sagte Greßler.
Für Thomaß war Camburg auch kein Neuland. „Ich war schon einmal vor zehn Jahren hier, damals als Lehrling zum Orgel und Harmonium-Bauer. Deshalb kannte sich die Kirche schon, bevor wir mit der Sanierung der Orgel begonnen haben.“ Thomaß gehört zur Mitteldeutschen Orgelbaufirma Voigt mit Sitz in Bad Liebenwerda.
Jens Henning / 20.04.18
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